Bielitz

Bielitz-Biala (Bielsko-Biała)

Geschichte

Im späten 13. Jahrhundert rief Piastenherzog Mieszko I. von Teschen (+1315) deutschsprachige Siedler an die Ostgrenze seines Herrschaftsgebietes, um in den Schlesischen Beskiden neue Ansiedlungen zu schaffen. Bielitz, das 1312 erstmals urkundlich als „Bilitz“ mit Stadtrecht erwähnt wird, wurde westlich der Burg auf ovalem Grundriss mit rechteckigem Ring angelegt. Außerdem entstanden damals noch mehrere Waldhufendörfer in der näheren Umgebung der Stadt. Auf diese Weise entstand um Bielitz herum eine deutsche Sprachinsel, die bis 1945 bestand. Als um 1315 das Herzogtum Auschwitz von Teschen abgespalten wurde, kamen die östlich des Flusses Bialka liegenden Dörfer an dieses Herzogtum. 1475 fiel Auschwitz an Kleinpolen. Die Bialka wurde damit die Ostgrenze im Süden Oberschlesiens.

Im Jahre 1553 wurde Bielitz mit den umliegenden Dörfern eine eigene Herrschaft, die vom Teschener Herzog an Kaspar Wiltschek vom Guttenlande und Hultschin verkauft wurde. Doch erst 1572 wurde Bielitz endgültig durch Verkauf an Karl Promnitz auf Pless vom Herzogtum Teschen abgetrennt und in eine eigene Minderstandesherrschaft, d.h. eine relativ autonome Verwaltungseinheit, umgewandelt. Damals waren etwa drei Viertel der Herrschaftsuntertanen deutschsprachig. Deshalb wechselte die Amtssprache vom damals in fast ganz Oberschlesien üblichen Tschechisch 1565 zum Deutschen. Die Herrschaft befand sich in den folgenden Jahrhunderten im Besitz der Familien von Schaffgotsch und von Sunnegh.

Minderstandesherrschaft Bielitz im 18. Jahrhundert

Die ursprünglich unbedeutende Kleinstadt Bielitz wuchs im 16. Jahrhundert aufgrund eines Aufschwunges der Tuchmacherei rasch an. Im Jahre 1548 erhielt die Tuchmacherzunft von Bielitz ihr erstes Privileg. Im Jahre 1571 hatte die Stadt bereits 179 Häuser und 17 Tuchmachermeister. Im Süden und Westen entwickelten sich Vorstädte. Bereits ein Jahr zuvor hatte die nun reiche Stadt vom Teschener Herzog das angrenzende Nikelsdorf und einen bis zu den Beskiden hinaufreichenden Stadtwald erworben. Im 16. Jahrhundert setzte sich in Bielitz und seiner Umgebung auch die Reformation durch. Bis ins 17. Jahrhundert wirkten viele Bielitzer als evangelische Pastoren und Schullehrer im näheren Umfeld.

Der Theaterplatz mit Schloss (r.) um 1915

Obwohl während der Gegenreformation zwischen 1628 und 1654 sämtliche Kirchen der Stadt rekatholisiert wurden, blieben die Bielitzer Bürger aber unter dem Schutz ihrer Schlossherrschaft evangelisch. Damals fanden die Gottesdienste versteckt in den Bergen der Umgebung statt. Einige Bürger wichen dem gegenreformatorischen Druck auch dadurch aus, dass sie sich in Sichtweite östlich der Biala in Kleinpolen ansiedelten, wo damals das gleichnamige Städtchen entstand. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Bielitz mehrfach beim Durchzug verschiedener Truppen geschädigt, seine periphere Lage verhinderte aber eine Zerstörung.

Bei der Teilung Schlesiens infolge der Schlesischen Kriege verblieb Bielitz als Bestandteil der Habsburger-Monarchie. Im Jahre 1752 verkaufte der damalige Besitzer der Herrschaft, Friedrich Wilhelm von Haugwitz, das Schloss Bielitz mit den dazugehörigen Dörfern und Vorwerken an den polnischen Magnaten Graf Alexander Joseph Sulkowski. Nur kurze Zeit später erhob Maria Theresia diesen in den Fürstenstand. Zwei Jahre später wurde Bielitz zum Fürstentum erklärt. Mit der Ersten Polnischen Teilung im Jahre 1772 fand eine Wiedervereinigung der Bielitzer Sprachinsel statt, denn Biala und sein Umfeld fielen mit Galizien an Österreich-Ungarn. Als durch das Toleranzpatent von Kaiser Joseph I. im Jahre 1781 der Druck auf die Evangelischen der Region wegfiel, gründeten diese eine evangelische Gemeinde. Es entstand westlich der Altstadt ein evangelisches Zentrum, der „Bielitzer Zion“. 1789 wurde die Stadt auch aus der Grundherrschaft herausgelöst und eine „königliche Freistadt“.

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts verschmolzen Bielitz und Biala immer mehr zu einer Stadt. Parallel entwickelte sich diese Doppelstadt zur größten Wollindustriestadt im schlesischen Raum. Nachdem das Protestantenedikt in der K&K-Monarchie 1861 erlassen worden war, entwickelte sich auch die hiesige protestantische Gemeinde weiter. Es entstanden mehrere evangelische Schulen und sogar ein entsprechendes Lehrerseminar. 1890 erhielt die Stadt ein ständiges deutsches Theater. Während in Bielitz die deutsche Sprache deutlich dominierte (ca. 84%), kam Biala nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich 1867 unter polnische Regionalverwaltung.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Bielitz zusammen mit dem östlichen Tescher Land Bestandteil der Republik Polen. 1922 wurde der Bezirk in die neue Wojewodschaft Schlesien eingegliedert. Die Stadt blieb dennoch ganz überwiegend deutschsprachig. 1939 wurde Bielitz von der Deutschen Wehrmacht eingenommen und in den „Gau Oberschlesien“ integriert. Kurz darauf wurden von der SS die beiden Synagogen in Bielitz und in Biala gesprengt. Während des Zweiten Weltkrieges wurden die beiden Städte zusammengelegt. Nach dem Einmarsch der Roten Armee 1945 wurden beide Orte wieder polnisch. Die Doppelstadt erhielt nun den Namen „Bielsko-Biała“. Die deutsche Bevölkerung wurde vertrieben. Heute ist die Stadt Amtssitz des Bischofs der Evangelisch-Augsburgischen Diözese Teschen (Cieszyn) sowie des katholischen Bistums Bielitz-Saybusch (Bielsko-Żywiec).

Sehenswürdigkeiten

Sulkowski-Schloss

An der Stelle des heutigen Schlosses entstand bereits im 13. Jahrhundert eine hölzerne Kastellanei, die in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zu einer festen Burg mit zweigeschossigem Palas umgebaut wurde. Im 15. Jahrhundert wurde ein quadratischer Wehrturm ergänzt, im 16. Jahrhundert die gesamte Anlage zu einem Renaissanceschloss umgebaut. Nach dem Dreißigjährigen Krieg entstanden die Innenarkaden, die heute mit einem Glasdach überdeckt sind. Wegen Bränden in den Jahren 1753, 1787, 1808 und 1836 wurde das Schloss im 19. Jahrhundert komplett umgestaltet. Die neue Schlosskapelle entstand zwischen 1853 und 1855, im folgenden Jahrzehnt bis 1864 der Hauptbau im Neorenaissancestil. Die dreigeschossige Anlage hat heute vier Flügel, einen Turm und die angebaute Kapelle.

Das Schloss beinhaltet seit 1984 einen der vier Teile des Historischen Museums in Bielitz-Biala („Muzeum Historyczne w Bielsku-Białej“). Das Schloss-Museum beinhaltet eine archäologische, eine historische sowie eine ethnographische Abteilung.

Öffnungszeiten
Mo            geschlossen 
Di /Sa     09:00 - 15:00
Mi – Fr   09:00 - 16:00
So               10:00 – 18:00

Weitere Informationen zum Historischen Museum finden Sie (in polnischer, deutscher und tschechischer) Sprache hier:

Muzeum Historyczne w Bielsku-Białej

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Sullkowski-Schloss mit Kapelle.
Treppenhaus im Westflügel aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

 Museumsausstellung.

Theaterplatz mit „Deutschem Theater“

Am Fuß des Sulkowski-Schlosses auf dem Gelände des ehem. Schlossgartens wurde 1889/90 das sog. „Deutsche Theater“, heute „Polnisches Theater“, im klassizisierenden Historismus erbaut. Das freistehende Rangtheater wurde auf rechteckigem Grundriss errichtet. Die Hauptfassade ist durch den Eingang mit einem verglasten Eisendach und darüber einem Rundbogenfenster gekennzeichnet. Auf dem Dreiecksgiebel ist eine Apollo-Figur zu sehen. Daneben befindet sich das 1897/98 errichtete Postgebäude im historisierenden Stil mit Elementen des Neobarock.

"Deutsches Theater" (heute "Polnisches Theater"), links.


Ring und Bürgerhäuser


Am historischen Ring in der Altstadt sowie den Seitengassen haben sich zahlreiche unterkellerte, zwei- oder dreigeschossig Bürgerhäuser aus dem 17. Jahrhundert erhalten. In der Mitte des Ringes steht eine St. Nepomuk-Säule aus eben dieser Zeit. Zahlreiche Restaurants und Cafés bieten hier lokale und internationale Spezialitäten an.

Seitengasse vom Ring zum Schloss und ...


Seitengasse vom Ring aus.


Pfarrkirche St. Nikolaus

Die Kirche stammt grundsätzlich aus dem Mittelalter, wurde aber mehrfach grundlegend umgebaut. Nach einem Brand im Jahre 1750 erfolgte sogar ein kompletter Wiederaufbau, ebenso 1808 bis 1816 nach einem erneuten Brand. Durch Künstler aus Wien und Troppau erfolgte damals eine klassizistische Ausstattung. Der Turm wurde im Jahre 1887 erneut umgebaut. Zwischen 1908 und 1910 erfolgte ein modernistischer Ausbau nach einem Entwurf des Wiener Architekten L. Bauer. Der Westturm ist eine Eisenbetonkonstruktion, gekrönt von einer Galerie und drei sich verjüngenden Aussichtsloggien mit Rundbogenarkaden. Das Westportal zeigt eine Christusfigur und Apostelmedaillons. Der Westteil des Langhauses ist durch Elemente der Neoromanik und des Jugendstils charakterisiert.

 Kirchenschiff in Neoromanik und Jugendstil.
Der Westturm in Eisenbetonkonstruktion.

Westportal mit Christus und Aposteln.

Bielitzer Zion


Der „Bielitzer Zion“ (poln.: „Bielickiego Syjonu“) wurde 1782 nach dem Toleranzpatent von Kaiser Joseph II. gegründet. Er besteht v.a. aus der Erlöserkirche sowie Schulbauten und dem Pfarrhaus. Neben der Kirche befindet sich das Martin Luther Denkmal.

Die Erlöserkirche wurde zwischen 1782 und 1790 als klassizistischer Saalbau erbaut, der Westturm zwischen 1849 und 1852 an- und 1895/96 umgebaut.


Auf dem Kirchplatz („pl. ks. Marcina Lutra“) steht polenweit das einzige Denkmal Martin Luthers, das im Jahre 1910 im neuklassizistischen Stil errichtet wurde.

"Bielitz-Biala aus der Vogelperspektive" /
"Bielsko-Biała z lotu ptaka"
(Video: YouTube)

Anreise

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