Koschentin

Koschentin (Koszęcin)

Geschichte

Der ganz im Nordosten Oberschlesiens gelegene Ort erscheint urkundlich 1302 unter dem Namen „Gostonia“ als Schenkung des Ritters Alexius von Leckensteyn an das Zisterzienserkloster Himmelwitz. Im Jahre 1416 wird der Ort als „Constantin“ bezeichnet. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts befand sich Koschentin dann im Besitz des Markgrafen Georg von Ansbach-Jägerndorf, danach ging er als Pfandbesitz durch mehrere Hände. Im Jahre 1587 kam das Dorf Koschentin an Hans von Kochczitz. Dessen Sohn, Andreas von Kochczitz, soll in Koschentin das erste Schloss errichtet haben. Er verlor seinen Besitz jedoch bereits 1630 wegen seines evangelischen Glaubens.

Von 1647 bis 1693 besaß die Herrschaft Koschentin Nikolaus Philipp von Rauthen. Als dessen Gast soll hier der polnische König Jan Sobieski bei seinem Marsch nach Wien im Jahre 1683 zu Gast gewesen sein. Nach von Rauthens Tod erbte die Familie von Sobek die Herrschaft Koschentin, welche sie bis 1784 innehatte. Graf Carl Heinrich von Sobek erweiterte seinen Besitz 1774 noch um die Herrschaft Boronow mit fünf Dörfern sowie um das Gut Ollschin. Er errichtete neben dem Schloss im Jahre 1751 ein Theater, welches später zu einem Schlossflügel umgebaut wurde. Aus finanziellen Nöten aufgrund seines pompösen Lebensstils musste er die Herrschaft Koschentin im Jahre 1784 jedoch nach einem Konkurs abgeben.

Schloss Koschentin in der Mitte des 19. Jahrhunderts (Lithographie)

Nach mehreren Besitzern wurde die Herrschaft Koschentin dann 1804 von dem preußischen Generalmajor Fürst Friedrich Ludwig zu Hohenlohe-Ingelfingen (1746 – 1818) erworben. Dieser war bereits 1782 durch seine Heirat mit Amalie Gräfin von Hoym in den Besitz der Herrschaft Slawentzitz gekommen, wo er auch seinen Wohnsitz hatte.  Der Sohn des Fürsten Friedrich Ludwig, Adolf Karl Friedrich Ludwig Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen (1797 – 1873) diente ebenso im preußischen Militär. Kurzzeitig war er sogar preußischer Ministerpräsident. Er ließ 1829/30 das neue klassizistische Schloss unter Verwendung älterer Teile aus dem 17. Jahrhundert in Koschentin erbauen.

Schloss Koschentin nach G. Grundmann, Deutsche Kunst im befreiten Schlesien, 1944.



Der Ort wurde so zum Mittelpunkt eines herrschaftlichen Großbesitzes auf beiden Seiten der Malapane, bestehend aus fünf Rittergütern, 19 Ortschaften sowie verschiedenen Industriebetrieben. Um 1910 umfasste die Herrschaft Koschentin ca. 200 qkm.

Obwohl in Koschentin bei der Volksabstimmung 1921 etwa 65% der Bewohner für den Verbleib bei Deutschlands gestimmt hatten, wurde der Ort mit dem Umland 1922 an Polen abgetreten. Koschentin wurde in Koszęcin umbenannt. Wie gespannt die Lage damals in Ostoberschlesien war zeigt folgender Bericht: Obwohl in Koschentin nahezu alle Bewohner den örtlichen polnischen Dialekt sprachen, bat ein Teil der Gemeinde 1925 dennoch um die Abhaltung eines monatlichen deutschen Gottesdienstes, da den Deutschen der Gottesdienst nicht zu versagen sei. Obwohl Pfarrer Walter Gąska das Ansinnen zunächst ablehnte, gab die Kurie dem Antrag statt, was zu einer Protestwelle unter den polnischgesinnten Koschentinern führte.

Nach der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg wurde das Fürstenhaus Hohenlohe-Ingelfingen von den polnischen Behörden enteignet. Im Jahre 1958 wurde Koschentin mit fünf weiteren Dörfern zusammengelegt und zur stadtartigen Siedlung erhoben. Der Palast in Koschentin ist seit 1953 Sitz des populären Tanz-und Gesangensembles „Śląsk“, das von Stanisław Hadyna begründet wurde.

Sehenswürdigkeiten

Palast


Schlossturm.

Der klassizistische Palast in Koschentin wurde zwischen 1828 und 1830 durch Fürst Adolf Karl Friedrich Ludwig Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen errichtet. Die aus drei unregelmäßigen Flügeln bestehende Anlage setzt sich aus dem Hauptflügel im Süden sowie dem West- und Nordflügel, von denen der letztere durch einen Turm mit einer Kapelle verbunden ist, zusammen. Der Innenhof ist nach Süden zu einem Garten hin geöffnet. Die Parkfassade im Westen ist durch einen fünfachsigen Mittelrisalit mit Pilastern und einen Dreiecksgiebel gegliedert. Davor ist eine Terrasse. Die Räume im Erdgeschoss haben teilweise noch Tonnengewölbe. Der Palast ist von einem ausgedehnten Park mit seltenen Bäumen und Sträuchern umgeben.



Mosaik im Eingangsbereich
Parkfassade im Westen
Die Innenausstattung hat sich nicht erhalten, lediglich Öfen und nichttransportable Einrichtungs- und Schmuckelemente können daher besichtigt werden. Der Palast wird heute v.a. von dem Tanz-und Gesangensembles „Śląsk“ als Sitz genutzt. Der Eintritt ist frei.

Kaminsaal (heute Speisesaal).

Historischer Ofen.

Ensemble „Śląsk“

Die Tanz- und Gesangsgruppe „Śląsk“ ist neben dem Ensemble „Mazowsze“ das zweite große Folkloreensemble, das polnische Traditionen der Volksmusik und des Volkstanzes darstellt. Seit seiner Gründung im Jahre 1953 hat es seinen Sitz im Schloss Koschentin. Mit der Gründung wurde der Musiker Stanisław Hadyna beauftragt, der das Ensemble auch lange leitete. Aufgabe des Ensembles war ursprünglich die ausschließliche Pflege schlesischer Folklore. Das Repertoire stammte daher aus der Region Oberschlesien, dem Teschener Schlesien und den Beskiden. Die Bedeutung des Ensembles für die polnische Kulturpolitik in den sog. „wiedergewonnenen Gebieten“ darf daher gerade zur Gründungszeit nicht unterschätzt werden

Ensemble „Śląsk“
(Video: YouTube)
Plakat des Ensembles

Später wurde das Repertoire um Volkstänze und Volkslieder aus anderen Regionen Polens und Europas ergänzt. Seit einigen Jahren werden die Bemühungen um den Erhalt des musikalischen Kulturerbes sowie die Renovierung des Palastes in Koschentin in einem „Schlesischen Zentrum für Regionale Bildung“ gebündelt.

Weitere Informationen zum Ensemble „Śląsk“ finden Sie (nur in polnischer Sprache) hier:


Ensemble „Śląsk“

Pfarrkirche Herz Jesu

Karl Gottfried Kraft Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen (1879 – 1960) war der Stifter der in architektonischer Hinsicht prächtigen Herz-Jesu-Kirche in Koschentin. Die Backstein-Basilika mit neogotischen Elementen wurde in den Jahren 1907 bis 1908 erbaut. Ihre Ausstattung ist ebenfalls neogotisch.

Blick auf die Pfarrkirche vom Schloss aus.


Ablasskirche der Hl. Dreifaltigkeit

Im Süden von Koschentin befindet sich die Filialkirche der Hl. Dreifaltigkeit, ein Schrotholzbau aus dem Jahre 1724 mit beachtlicher Ausstattung an Altären und Figuren aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Das Langhaus ist durch figürliche Ausmalungen aus dem 19. Jahrhundert geschmückt. Der Hauptaltar ist barock, ebenso wie einige andere Gemälde in der Kirche. Besonders interessant ist eine Gemäldegruppe, die die Legende um die Entstehung der Kirche und die damit verbundenen Wunder zeigt – datiert mit 1564! Eine detaillierte Beschreibung mit Fotos finden Sie hier.

Anreise

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