Zülz

Zülz (Biała)

Geschichte

 Bereits im Jahre 1225 wird die ganz in der Südwestecke des Herzogtums Oppeln gelegene deutschrechtliche Dorf „Bela“ (Altstadt bei Zülz) urkundlich erwähnt, das als Rechtsvorbild für das zwischen Cosel und Oberglogau gelegene Kostenthal diente. Im Jahre 1279 wird auch die Kastellaneiburg „Bala“ ausdrücklich genannt. Da im Jahre 1285 das benachbarte Dorf „Antiquo Culcz“ (Alt-Zülz) erwähnt wird, muss zu diesem Zeitpunkt auch schon eine Stadt Zülz bestanden haben. Sie wurde planmäßig als Zwei-Tor-Anlage mit rechteckigem Marktplatz auf einem Hügel nördlich der Burg angelegt. Burg und Stadt dienten ursprünglich der Verteidigung des Herzogtums Oppeln gegenüber den Siedlungsaktivitäten aus Mähren im Süden sowie der Breslauer Bischöfe im Westen des Grenzwaldes. 1310 wird in den Urkunden von „Belam alias Czolz“ als Mittelpunkt eines Verwaltungsbezirkes gesprochen. Daraufhin setzte sich bald der Name des östlich gelegenen Dorfes Zülz durch, sodass das Dorf seitdem Altzülz genannt wird. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wird in Zülz ein Vogt und damit deutsches Stadtrecht erwähnt.

Zülz in den 1930er Jahren (Postkarte)

Bis 1532 gehörte das bescheidene Ackerbürgerstädtchen den Piastenherzögen von Oppeln. Nach deren Aussterben wurde die Stadt mit der kleinen Herrschaft von den Habsburgern mehrfach verpfändet. Im Jahr 1565 übernahmen die Freiherren und späteren Grafen Pruskowsky von Proskau das Pfandgut mit Stadt und neun umliegenden Dörfern, das sie 1602 endgültig erwarben. Während des Dreißigjährigen Krieges, im Jahre 1633, sollen in Zülz alle Einwohner bis auf zwei an der Pest gestorben sein.

Die Familie Pruskowsky trat für mehrere Jahrhunderte als besondere Beschützer wie auch als Nutznießer der seit dem späten 14. Jahrhundert in Zülz nachgewiesenen Juden auf. Diese lebten zunächst in der Neisser Vorstadt, dann in der „Judengasse“, welche auch Lange Gasse heißt. Dank des Eintretens der Pruskowskys blieben die Zülzer Juden von den Vertreibungen aus Böhmen und Schlesien im ausgehenden 16. Jahrhundert ausgenommen. Deshalb war Zülz lange Zeit neben Glogau (in Niederschlesien) der einzige Ort jüdischen Lebens in Schlesien. Im Jahre 1601 erhielten die Zülzer Juden ein kaiserliches Schutzprivileg und 1699 ein vorteilhaftes Handelsprivileg, das sie den christlichen Kaufleuten gleichstellte und ihnen damit Handel zwischen Böhmen, Schlesien und Polen ermöglichte. So kam es zu einem starken Anwachsen der jüdischen Gemeinde in Zülz. Im Jahre 1782 übertraf die Zahl der Juden (1.061) sogar die der Christen (961) in der Stadt. Nach der Judenemanzipation in Preußen 1812 schmolz die jüdische Gemeinde in Zülz aber schnell wieder zusammen. Zülz hieß daher im Volksmund lange „Judenzülz“ oder hebräisch „Makom Zadik“ (Ort des Gerechten).


Auf die Familie Pruskowsky folgte als Besitzer der Herrschaft Zülz im Jahre 1748 Bartholomäus von Oderfeld, von 1756 bis 1841 die Grafen von Matuschka. Im Jahre 1816 wurde der Kreis Zülz mit Neustadt und Oberglogau zum Kreis Neustadt zusammengeschlossen. Ab 1841 wurde die Herrschaft dismembriert. Die Stadt erwarb das Schloss, wo eine Schule bzw. ein Lehrerseminar untergebracht wurden. Einen wirtschaftlichen Aufschwung nahm Zülz mit dem Bau der Kleinbahn zwischen Neustadt und Gogolin ab 1895 und der Zuckerfabrik 1898. Bei der Volksabstimmung in Oberschlesien 1921, bei der über die Zugehörigkeit zu Polen oder Deutschland entschieden wurde, lag Zülz knapp außerhalb des Abstimmungsgebietes. Nach Kriegsende 1945 wurden nicht alle Einwohner der stadt vertrieben, so dass sich eine deutsche Minderheit erhalten konnte. Im Jahre 2006 wurde in der Gemeinde Zülz Deutsch als zweite Amtssprache eingeführt. 2008 erhielt die Stadt zusätzlich den amtlichen deutschen Ortsnamen Zülz.

 Zülzer Notgeld von 1921

Sehenswürdigkeiten

Pfarrkirche St. Mariae Himmelfahrt

Die ursprünglich gotische Saalkirche aus dem 14. oder 15. Jahrhundert wurde nach einem Brand im Jahre 1544 umgebaut und wesentlich erweitert. Der Westturm mit achteckigem Aufsatz und flacher Barockhaube aus dem 16. Jahrhundert wurde im 20. Jahrhundert rekonstruiert. Er ist mit einer Sgraffittomalerei (Diamantquader) verziert. Der Hauptaltar mit einer Figurengruppe der Himmelfahrt Mariens stammt aus dem Jahr 1773. Die Kirche enthält zahlreiche Epitaphien, darunter das halbfigürliche Epitaph des Paul Raschitz Koslowski von Koslaw auf Piechotitz und Jamka aus dem Jahre 1595.

Epitaph des Paul Raschitz Koslowski.

Kirchturm mit renovierter Sgraffittomalerei

Schloss

Das heutige Schloss in Zülz wurde im 16. Jahrhundert am nördlichen Rand der Stadt an der Stadtmauer mit Graben errichtet. Umfangreiche Umbauten erfolgten im 18. und 19. Jahrhundert. Das langgestreckte Gebäude ist zweigeschossig mit einem F-förmigen Grundriss. Der östliche Teil umfasst einen offenen Hof mit Blendarkarden. (unten) Der Westflügel wird durch einen quadratischen Turm mit durchbrochener Schweifhaube aus dem 18. Jahrhundert abgeschlossen. Das ehem. Schloss der Grafen von Matuschka (1756 – 1841) wurde seit 1878 als Schule – teilweise auch als Lehrerseminar – genutzt. Seit 1987 steht das Gebäude leer und verfällt zunehmend.

Der Schlosshof...


... und der Eckturm des Schlosses.


Ring

Am Ring, der teilweise noch mit historischen Gebäuden umbaut ist, befinden sich eine sehenswerte Mariensäule und eine Figur des hl. Johannes Nepomuk aus dem 18. Jahrhundert.
 Mariensäule.

St. Johannes Nepomuk-Denkmal.

Ehem. evangelische Kirche


Die evangelische Kirche wurde in den Jahren 1872 bis 1873 für die seit über zwanzig Jahren bestehende evangelische Gemeinde im neogotischen Stil erbaut. Sie besitzt keinen Kirchturm. Mit der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung aus Zülz nach 1945 verlor die Kirche ihre Funktion und wurde lange als Werkstatt genutzt. Seit 2019 ist das Gebäude neu renoviert und Sitz der kommunalen Bibliothek. Ein Jahr später wurde hier zudem ein Seniorenclub untergebracht.




Stadtmauer und Neustädter Turm

Die heute teilweise noch erhaltene Stadtmauer von Zülz stammt aus dem 15. Jahrhundert und besteht v.a. aus Backsteinen. Der Neustädter Turm ist ein altes Stadttor, ebenfalls aus dem 15. Jahrhundert.

Stadtmauer im Westen.



Neustädter Turm.


Wasserkunst

Nordöstlich der Stadt am Fuß des Burgberges liegt der 1606 errichtete Wasserturm der Stadt. Der quadratische, dreigeschossige Turm aus verputztem Backstein ist durch ein Gesims gegliedert. Im Obergeschoss haben sich Reste von Blendarkaden erhalten. Der Turm wurde in den 1950er Jahren und vor kurzem restauriert.

Stilelemente der Wasserkunst...



... und Gesamtansicht.


Judenfriedhof

Gräber am Abhang der "Schwedenschanze"...

Der Zülzer Judenfriedhof liegt auf dem Westabhang der sog. „Schwedenschanze“ südlich der Stadt. Auf diesem Hügel, auch „Kopiec“ genannt, befand sich vermutlich die alte Kastellaneiburg Bela.

Der Friedhof bestand hier bereits im Jahre 1622 und wurde 1688 mit einem Holzzaun umgeben. In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde der Friedhof renoviert, 1839/40 ein neues Tor errichtet, dessen Reste bis heute sichtbar sind. Der gesamte Friedhof wurde zwischen 1664 und 1810 fünfmal erweitert. Heute umfasst er eine Fläche von fast 7.000m2. Insgesamt gibt es hier noch 907 von ursprünglich 991 Grabsteinen mit Inschriften für 1.004 Personen.

Der älteste Grabstein ist aus dem Jahr 1621/22, der letzte von 1931, wobei die meisten Steine aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammen. Heute ist der Friedhof zumeist leicht verwildert, was das Mystische des Ortes aber noch unterstreicht.

... zwischen Bäumen und Unkraut.

Die Grabsteine stammen aus dem 17. bis 20. Jahrhundert...


... und bilden ein einmaliges Ensemble.


In der Umgebung

Gedenkstein zur Abstimmungsgrenze

Bis heute erinnert ein Stein aus den 1920er Jahren zwischen der Stadt Zülz und dem Dorf Altzülz an die Abstimmungsgrenze von 1921.


Anreise


Weblinks

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