Oberglogau

Oberglogau (Głogówek)

Geschichte

Die deutschrechtliche Stadt Oberglogau wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts neben einer alten Kastellaneiburg mit Hilfe deutscher Siedler gegründet. Die Pfarrkirche ist für das Jahr 1284 urkundlich nachgewiesen. Hier wurde im Jahre 1379 von Herzog Heinrich von Oppeln ein Kollegiatstift eingerichtet, das bis zur Säkularisation im Jahre 1810 bestand. Im Mittelalter war die Stadt führend in Oberschlesien. Zeitweilig befand sich hier die zweite Residenz der Herzöge von Oppeln.

Nach dem Aussterben der Oppelner Piasten im Jahre 1532 verpfändeten die habsburger Kaiser die Stadt und Herrschaft Oberglogau zunächst an verschiedene Adelige, bis die Pfandherrschaft 1562 an den Oberlandeshauptmann von Schlesien, Hanns von Oppersdorff, Freiherr von Aich und Friedstein, überging. In dieser Zeit fand die Reformation in der Stadt und vielen benachbarten Landgemeinden Einzug. Im Jahre 1593 erwarb die Familie von Oppersdorff die Herrschaft zu festem Besitz, wodurch Oberglogau eine Mediatsstadt wurde. Mehrere Zweige der Familie besaßen das dann 1642 gegründete Majorat Oberglogau bis 1945. Das alte Piastenschloss wurde von ihnen in mehreren Etappen zu einem weitläufigen Komplex ausgebaut.

Im weiteren Verlauf des Dreißigjährigen Krieges litt die Stadt stark. Einen Höhepunkt in der Geschichte brachte hingegen der Nordische Krieg (1655 – 1660), denn im Herbst des Jahres 1655 weilte der polnische König Johann Kasimir Waasa für mehrere Wochen im Schloss seines Freundes Franz Eusebius von Oppersdorff.

Georg III. von Oppersdorff

(1588 - 1651 in Oberglogau)


Von besonderer Bedeutung für die architektonische Entwicklung der Stadt ist die Herrschaftszeit des Reichsgrafen Georg III. von Oppersdorff zwischen 1617 – 1651. Unter seiner Herrschaft wurde in der Stadt nicht nur die Gegenreformation gewaltsam umgesetzt, sondern auch ein gegenreformatorisch inspiriertes „Sanktuarium“ geschaffen. So ließ er das Schloss weiter ausbauen und mit Kapellen ausschmücken. Im Jahre 1628 holte er die Franziskaner zurück nach Oberglogau und erbaute für sie die Klosterkirche neu. 1630 bis 1634 wurde darin die „Santa Casa“ von Loretto als Haus im Haus errichtet. Im gleichen Jahr ließ Georg III. von Oppersdorff in einer Ecke des Schlossparks eine Nachbildung des hl. Grabes in Jerusalem errichten. In der Pfarrkirche steht in der Oppersdorff-Kapelle bis heute sein Grabmal im Stil der Spätrenaissance.

 Ansicht der Stadt Oberglogau nach F.B. Werner um 1750

Ansicht von Oberglogau um 1900 (Postkarte)

Mit der preußischen Eroberung Schlesiens wurden die drei Kreise Oberglogau, Zülz und Neustadt zusammengelegt. Neustadt wurde Kreisstadt. Dadurch sank die Mediatsstadt Oberglogau immer mehr zu einem Ackerbürgerstädtchen herab.

Während der Abstimmungszeit in Oberschlesien tagte in Oberglogau der sog. „Zwölfer-Ausschuss“, der die deutsche Seite im Abstimmungskampf repräsentierte. Obwohl der Besitzer des Majorats, Hans Georg von Oppersdorff für die polnische Seite eintrat, stimmte die Stadt dennoch mit gut 95% für Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde nur ein Teil der Bevölkerung vertrieben, da viele Bewohner traditionell zweisprachig waren. In den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg wurde die Stadt daher auch „Klein Berlin“ genannt, weil man hier öffentlich deutsch sprach.

Heute ist die deutsche Minderheit v.a. in den beiden Vororten der Stadt, Weingasse und Hinterdorf, aktiv. Aufgrund des Vorhandenseins der deutschen Minderheit wurde 2009 in der Gemeinde Oberglogau / Głogówek Zweisprachigkeit eingeführt. Ebenso wurden in den Teilen der Gemeinde mit deutscher Minderheit zweisprachige Ortstafeln aufgestellt, auch in der Stadt.


Ein besonderes Ereignis der jüngeren Geschichte von Oberglogau war die Übertragung des katholischen Gottesdienstes aus der St. Bartholomäus-Kirche am 28. Juni 2015 im ZDF.

"Katholischer Gottesdienstes aus St. Bartholomäus in Oberglogau"

am 28. Juni 2015
(Video: gottesdienstZDF)

Sehenswürdigkeiten

Oberglogau (Głogówek)
in drei Minuten


Eine kleine Wanderung durch die Stadt Oberglogau im Herbst 2018.

(C) M-W-Production und ORF-Oberschlesien
Schloss der Reichsgrafen von Oppersdorff

Bereits Ende des 13. Jahrhunderts hatten die Oppelner Piasten an der jetzigen Stelle des Oberglogauer Schlosses eine Burg mit Wehrturm. Dieser wurde im 16. Jahrhundert abgetragen. Stattdessen wurde hier in den folgenden Jahrhunderten von der Familie von Oppersdorff eine weitläufige Schlossanlage errichtet.

Eingang zum Unterschloss von der Stadt aus.

Turm des Oberschlosses.



Der heutige Baukomplex besteht aus dem Ober- und dem Niederschloss. Das dreigeschossige Oberschloss entstand unter Johann von Oppersdorff in den Jahren 1561 bis 1571 im Renaissancestil.

Östlich schließt sich das im Jahre 1606 begonnene Niederschloss an. Zwischen 1645 und 1647 wurde der Ostflügel mit einer quadratischen Eckbastei errichtet, in der später die Schlossbibliothek untergebracht wurde. Daneben befindet sich die Schlosskapelle.

Im Jahre 1671 entstand das Hauptportal im Spätrenaissancestil mit plastischer Schmuckbekrönung und nachträglich erweiterter Durchfahrt. Es zeigt drei ovale Wappenkartuschen und Figurennischen für die hl. Candida und den hl. Karl Borromäus sowie ein Medaillon der hl. Muttergottes mit Kind.

Hauptportal mit Wappenkartusche.

Schlosskapelle und Bibliotheksturm


Die zwischen 1645 und 1668 errichtete Schlosskapelle ist ein rechteckiger Saalbau mit Vorhalle. Rechts daneben liegt der Bibliotheksturm, der bis 1945 eine der bedeutedsten Schriftensammlungen Oberschlesiens beherbergte.


Fresken in der Schlosskapelle.


Im inneren enthält die Schlosskapelle Freskomalereien von Anton Sebastini aus der Zeit um 1780.



In der Bibliothek befinden sich an der Gewölbedecke Kartuschen mit lateinische Inschriften, die auf die Themen der Bücher in den jeweiligen Seiten verweisen.


Gewölbedecke der Bibliothek.


Heiliges Grab

Unter Georg III. von Oppersdorff wurde im Jahre 1634 zwischen Schloss und Minoritenkloster eine Nachbildung des hl. Grabes in Jerusalem errichtet. Nach einem Brand wurde das Gebäude im Jahre 1882 wiederhergestellt, jedoch ohne kuppelbekröntes Türmchen. Im Inneren befinden sich zwei Räume, von denen der hintere die Grabkammer Christi darstellen soll.

Das Heilige Grab von der Schlossstraße aus.


Minoritenkloster

Die Franziskaner (Minoriten) sollen bereits im Jahre 1264 in der Stadt geweilt haben, ihre Anwesenheit ist aber erst etwa 20 Jahre später nachgewiesen. Nach der Einführung der Reformation verließen die Mönche das Kloster, wurden aber im Jahre 1628 von Georg III. von Oppersdorff erneut nach Oberglogau geholt, der eine Stiftung zum Wiederaufbau des Klosters und der Klosterkirche machte.

Das Kloster wurde 1810 im Zuge der Säkularisation aufgelöst. Im vierflügeligen Klostergebäude wurde ein Lehrerseminar untergebracht. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges betreiben polnische Franziskaner das Kloster und die benachbarte Klosterkirche.

Eingang zum Oberglogauer Minoritenkloster.


Minoritenkirche mit Lorettokapelle

Das Langhaus der Kirche hat zwei Querhäuser und einen kurzen quadratischen Westturm, in dem sich heute wieder die „Achtuhr-Glocke“ aus dem 17. Jahrhundert befindet. Im Rokoko-Hauptaltar von 1751 ist zentral der hl. Franziskus dargestellt. Er wird flankiert von Figuren der hl. Clara, des hl. Hieronimus, des hl. Augustinus und der hl. Elisabeth.

Turm mit Achtuhr-Glocke.



Hauptaltar in der Minoritenkirche.

Loretto-Kapelle im Seitenschiff der Minoritenkirche.


Im nördlichen Querhaus steht als Haus im Haus seit 1634 eine Nachbildung der „Santa Casa“ von Loretto, ein Backsteinkubus mit Attikabekrönung. Die zunächst schlichte Kapelle wurde um 1770 von Anton Sebastini kunstvoll ausgestaltet und beherbergt eine Madonnenfigur aus Ebenholz. (links und unten)

Schwarze Madonna in der Loretto-Kapelle.


Rathaus

In der Mitte des Ringes wurde 1608 anstelle eines älteren Vorgängerbaus das Rathaus im Spätrenaissancestil erbaut. Das Gebäude wurde 1880 umgestaltet und nach einem Brand 1945 in den 1950er Jahren wiederhergestellt. In den südlichen Ecknischen stehen zwei Figuren, der hl. Florian und der hl. Johannes Nepomuk.


Das Rathaus von 1608.



St. Johannes Nepomuk an der Südostecke des Rathauses.

Barocke Häuser am Ring


Am Ring haben sich zahlreiche Bürgerhäuser aus dem 17. bis 19. Jahrhundert erhalten. Sie haben i.d.R. zweigeschossige giebelständige Architektur und sind reich dekoriert. Auf dem Ring befindet sich heute auch die Mariensäule aus dem 17. Jahrhundert.

Blick über den Park am Ring.


Mariensäule und "Sebastini-Haus".


Pfarrkirche St. Bartolomäus

Die im Jahre 1284 erstmalig erwähnte Kirche wurde 1379 zum Sitz eines Kollegiatstiftes. Der aus dem 14. Jahrhundert stammende Bau wurde vermutlich im Hussitenkrieg 1428 zerstört und seit 1463 wiederaufgebaut.

Die ursprünglich gotische Basilika erfuhr zwischen 1776 und 1781 eine prachtvolle Barockisierung durch den Freskenmaler Anton Sebastini, z.B. an den Wänden Szenen aus dem Leben des hl. Bartholomäus unter Scheinarchitektur. Der Rokoko-Hauptaltar stammt aus dem Jahr 1796 und stellt das Martyrium des hl. Bartholomäus dar.

Presbyterium mit Hauptaltar.



Das gotische Kirchenschiff mit Türmen.

Die Oppersdorff-Kapelle in der Pfarrkirche

Blick von der Empore.


Im Norden des Presbyteriums schließt sich die Oppersdorff-Kapelle an. Der Ende des 14. Jahrhunderts errichtete Bau wird auch Totenkapelle oder Schwarze Kapelle genannt und enthält seit 1601 die Familiegruft der Oppersdorff.


Von besonderer Bedeutung ist hier das Spätrenaissance-Grabmal für Georg III. von Oppersdorff (+1651) und seine Eltern.


Grabmal des Gerorg III. von Oppersdorff.


Spitalkirche St. Nikolaus
in der Wasservorstadt


Die Spitalkirche wird im Jahre 1385 erstmals urkundlich erwähnt und war ursprünglich wohl eine Holzkirche. Der heutige Bau wurde in Verlängerung des Spitals im Jahre 1773 errichtet. Es handelt sich um einen einschiffigen Bau mit kurzem Giebelreiter und Zwiebeldach. Daneben befindet sich das alte Spitalgebeäude. (links, im Hintergrund das Kloster Wiese-Pauliner)

Spitalkirche St. Nikolaus.


Die "Falle"

Schräg gegenüber vom Schlosstor befindet sich die Traditionsgaststätte der Stadt, die "Falle", ein barockes Gebäude aus dem 17. Jahrhundert.

Die "Falle" aus dem 17. Jahrhundert.


Museen

Regionalmuseum Oberglogau
(Muzeum Regionalne w Głogówku)


Das Regionalmuseum in Oberglogau verfügt zwar z.Zt. nur über eine kleine Ausstellung zur Ortsgeschichte, glänzt aber durch seine wissenschaftliche und kulturhistorische Arbeit. So veranstaltet das Museum Kunstausstellungen und einmal jährlich das Beethoven-Festival mit mehreren Konzerten. Das Museum ist in einem historischen Gebäude, dem Stockhaus (Gefängnis) der Stadt aus dem 16. Jahrhundert, untergebracht. Einige Räume befinden sich auch im daran angebauten „Alten Turm“ aus dem 13. Jahrhundert, wohl der ehem. Vogtei.

Öffnungszeiten
Mo - Fr        08:00–16:00
Sa / So          geschlossen

Weitere Informationen zum Regionalmuseum Oberglogau finden Sie (nur in polnischer Sprache) hier:


Muzeum Regionalne w Głogówku

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"Alter Turm" und Stockhaus.


In der Umgebung

Friedersdorf (Biedrzychowice) - Pfarrscheune (Farska Stodoła)

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Nur wenige Kilometer östlich von Oberglogau an der Straße nach Cosel liegt Friedersdorf, ein großes Bauerndorf, das bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts urkundlich belegt ist. Hier leben bis heute einheimische Schlesier, die sich zum großen Teil zur deutschen Nationalität bekennen. In der Scheune der Pfarrei („Farska Stodoła“) wurde im Jahr 2002 ein Heimatmuseum geschaffen, das überregionale Bedeutung erlangt hat. In den renovierten Räumen der Scheune werden historische Haushaltsgeräte, Möbel, Geschirr und regionalen Trachten gezeigt. Das Museum verfügt zudem über viele Fotos aus den Jahren 1876 bis 1935. Auf diese Weise wird an diesem einzigartigen Ort das Leben der oberschlesischen Landbevölkerung im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert lebendig.


Ein Museumsbesuch ist jederzeit nach telefonischer Anmeldung bei der Direktorin, Frau Róża Zgorzelska, möglich. (Telefonnummer 0048 - 668 290 809 oder 0048 – 774 371 799).


Marienbilder aus der Zeit um 1900.

Alte Kücheneinrichtung mit Ofen und Küchengeräten.


Einrichtungsgegenstände einer Wohn- und Schlafstube.


Anreise


Weblinks

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