Czarnowanz

Czarnowanz

(1936–1945 Klosterbrück, poln. Czarnowąsy)

Geschichte

Bei archäologischen Ausgrabungen im Ort wurden mehrere Gräber aus der Zeit der Lausitzer Kultur (1300 – 500 v.Chr.) gefunden. Ebenso weisen Funde auf wandalische und später slawische Siedlung hin. Czarnowanz, in der Nähe der Mündung der Malapane in die Oder gelegen, weist demnach seit Jahrtausenden Siedlungskontinuität auf. Der Ortsname soll aus dem Slawischen stammen und „Schwarzbart“ bedeuten, was auf den Ortsgründer hinweisen mag.


Im Jahre 1228 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung von „Charnowz“, als Herzog Kasimir I. von Oppeln das ursprünglich 1211 gestiftete Prämonstratenserinnenkloster von Rybnik nach Czarnowanz verlegte. Dabei gelangten auch der Ort Czarnowanz und einige Nachbardörfer in den Besitz der Nonnen. Insgesamt besaß das Kloster im 13. Jahrhundert dreiundzwanzig Dörfer in Oberschlesien. Viele dieser Dörfer wurden vom Kloster durch Ansiedlung deutscher Bauern nach deutschem Recht vergrößert. Bis zum Jahre 1534 verlor das Kloster aber zwanzig davon wieder. Der Prälat des Klosters hatte auch das Hochgericht in diesen Dörfern und alle Abgaben der dortigen Bauern, um das Kloster damit zu finanzieren. Das Kloster wurde zunächst von den Prämonstratensern in Strahov bei Prag beaufsichtigt, seit 1390 vom Vinzenzstift in Breslau, aus dem auch die Prälaten stammten. In den ersten Jahrhunderten stammten alle Nonnen aus polnischem und deutschem Adel. Im Laufe der Zeit wurden jedoch auch mehr und mehr Kandidatinnen aus bürgerlichen Häusern aufgenommen. Von den mittelalterlichen Gebäuden des Klosters ist nichts mehr vorhanden, da die Anlage im Dreißigjährigen Krieg 1643 durch schwedische Truppen niedergebrannt wurde. Die Klosterkirche und das Klostergebäude wurden daher in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts neu errichtet. Nachdem Oberschlesien zum großen Teil an Preußen gefallen war, musste das Kloster seit 1766 unter anderem eine Garn- und Spitzenfabrik, eine Spinnerei, eine Ölmühle und einen Weinberg einrichten.  Im Jahre 1781 lebten im Kloster 23 Nonnen, im Jahre 1810 wurde das Kloster vom preußischen Staat säkularisiert und die Nonnen mussten die Gebäude verlassen.


Nach der Säkularisation im Jahre 1810 stand das Klostergelände zunächst leer. Im Jahr 1849 wollte man es zu einem Lehrerseminar umgestalten. Von 1869 bis 1875 wohnten Magdalenerinnen im Kloster, das im Kulturkampf erneut geschlossen werden musste. 1885 wurde hier die St. Heinrichs-Anstalt für Waisenkinder gegründet, die seit 1902 von den Hedwigsschwestern betreut wurde. 1956 wurde das Waisenhaus in das Spezialkinderheim „Caritas“ für geistig schwerstbehinderte Kinder umgewandelt. Seit 1990 wird das Heim von den Hedwigsschwestern auch offiziell geleitet. Der gesamte Komplex wurde zwischen 2012 und 2016 grundlegend renoviert.



Ansicht des Klosters von der St. Anna Kirche aus (F.B. Werner, um 1730)


Mit der Säkularisation 1810 kam auch das Dorf Czarnowanz direkt und die Herrschaft des Königs von Preußen. Der Ort war ursprünglich wohl ein durchschnittliches Bauerndorf, wurde aber durch die umliegende Industrie im 19. Jahrhundert stark erweitert. Im Jahre 1865 zählte das Dorf 17 Bauern und 20 Gärtner, aber zusätzlich 96 Ackerhäusler und 60 Einlieger. Bei der Volksabstimmung in Oberschlesien am 20. März 1921 stimmten etwa zwei Drittel der Wahlberechtigten für Deutschland. Nach 1945 wurde der Großteil der Bevölkerung nicht vertrieben. Ab 1990 konnte sich hier deshalb eine deutsche Minderheit bilden. Darum wurde 2009 Deutsch als zweite Amtssprache eingeführt. Im Dezember desselben Jahres erhielt der Ort zusätzlich den amtlichen deutschen Ortsnamen Czarnowanz. Allerdings wurde die Gemeinde Czarnowanz im Jahre 2017 gegen den Widerstand der Mehrheit der Einwohner in die Stadt Oppeln eingemeindet, wodurch der deutsche Ortsname wieder verschwand. Seit 2019 besteht direkt nördlich von Czarnowanz das drittgrößte Kohlekraftwerk Polens, die „Elektrownia Opole“, die den Blick vom Wallfahrtskirchlein St. Anna auf die Klosteranlage stark verändert hat.


Sehenswürdigkeiten

Ehemaliges Prämonstratenserinnenkloster


Der barocke Klosterkomplex besteht aus der ehem. Stiftskirche St. Norbert im Nordosten, dem zweiflügeligen Nonnenhaus im Süden und der daran angeschlossenen dreiflügeligen Prälatur im Osten, die einen Innenhof umschließt.

Pfarrkirche St. Norbert (ehem. Stiftskirche)


Die dem heiligen Norbert geweihte Kirche ist ein Barockbau aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit einigen gotischen Relikten. Der Bau wurde 1653 begonnen. Bereits um 1777 wurde die Kirche unter Prälat Hermann Joseph Krusche unter Beibehaltung der Umfassungsmauern erneut grundlegend umgebaut. Im Norden befindet sich der aus dem 13. Jahrhundert stammende gotische Turm mit oktogonalem Aufsatz aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und zweifach durchbrochenem Barockhelm. Im Jahre 1947 wurde die Kirche restauriert.


Die Ausstattung ist einheitlich barock-klassizistisch und stammt aus der Zeit um 1784. Der freistehende Hauptaltar enthält ein Bild des heiligen Norbert in der Mitte, das von vier Figuren, dem hl. Petrus, dem hl. Paulus, dem hl. Nikolaus und dem hl. Augustinus umgeben ist. Die zwei Seitenaltäre stellen Mariä Himmelfahrt (l.) und den hl. Augustinus (r.) dar. Die Kanzel zeigt die Personifikationen der Kardinaltugenden, auf dem Korb in Gold Jesus als Sähmann. Die Orgelempore von 1784 hat eine gewellte Rokokobalustrade

Hauptaltar mit dem Bild des hl. Norbert.


Kanzel mit den Personifizierungen der Kardinaltugenden.

Klostergebäude: Prälatur


Die Prälatur wurde zwischen 1727 und 1730 für den Prälaten Eustachius Fritsch erbaut und zwischen 1923 und 1928 renoviert. Als Prälatur werden die Wohnräume des Prälaten, also Oberhauptes des Klosters, bezeichnet, die außerhalb des eigentlichen Klosters lagen und teilweise palastähnlich waren. Der zweigeschossige Dreiflügelbau hat ein Mansardendach mit Gauben. Die Fassade ist im Erdgeschoss durch Putzstreifen, im Obergeschoss aber durch Pilaster mit Glöckchenmotiven gegliedert. An der Nordfassade befinden sich zudem zwei Korbbogenportale, das linke mit einer den Bauherrn betreffenden Inschrift, das rechte mit einer weiteren Inschrift von 1730. Die Räume sind teilweise kreuzgratgewölbt, andere mit Stichkappentonnen.

Nordfassade der Prälatur.


Blick auf die Prälatur von der Kirche aus.

Klostergebäude: Nonnenhaus

Die Klostergebäude wurden auf Initiative des Pfarrers Balthasar Gerbert erbaut und im Jahre 1682 fertiggestellt. 1869 und 1927/28 wurde es renoviert.


Das dreigeschossige Gebäude hat zwei Flügel und ein Mansardendach. Die Fassade ist durch kolossale Kompositpilaster mit ornamentalem Fries an Gebälk und Sockel gegliedert. An der Südfassade befindet sich ein von Pilasterpaaren eingefasster Volutengiebel mit den Jahreszahlen 1869 und 2016. Im Norden am Kirchenchor ist der Haupteingang mit einem rundbogigen Marmorportal, flankiert von Pilastern und Säulen, darüber eine Wappenkartusche der Abtei. Dieser Baustil mit den monumentalen Fronten erinnert deutlich an die damalige Architektur Böhmens oder Österreichs.


Im Inneren des Gebäudes befinden sich zahlreiche kreuzgratgewölbte Korridore, die Räume haben zumeist Stichkappentonnen. Im Winkel der beiden Flügel befindet sich das Treppenhaus mit einer dreiläufigen Treppe. Im Erdgeschoss des Ostflügels ist v.a. der ehemalige Kapitelsaal mit seiner stuckdekorierten Stichkappentonnendecke vom Ende des 17. Jahrhunderts sehenswert. Der Raum wird heute als Kapelle genutzt. Auch im ehemaligen Refektorium gibt es noch reichen Stuckdekor aus der Zeit um 1682.



Hauptportal an der Nordfassade.

Volutengiebel an der Südfassade.


Ehem. Kapitelsaal (heute Kapelle).

Klosterareal und Wirtschaftsgebäude


Das Klosterareal aus dem Mittelalter ist bis heute von Mauern aus der Zeit um 1600 umgeben. Besonders sehenswert sind die Eckbasteien mit verschindelten Zwiebelhelmen aus dem 18. Jahrhundert.


Innerhalb der Mauern befanden sich ursprünglich zwei barocke Gärten, einer hinter der Prälatur und einer hinter dem Nonnenhaus, und ein Vorwerk mit Wirtschaftsgebäuden. Zugang zum Grundstück, das heute privat genutzt wird, erhält man über ein Einfahrtstor mit Dreiecksgiebel im Osten.


Einfahrtstor mit Dreiecksgiebel.


Eckbastei mit Zwiebelhelm.



Schrotholzkirche St. Anna


Die Wallfahrtskirche geht auf mittelalterliche Ursprünge zurück. Der Sage nach lebte hier auf einem Hügel in der Nähe des Dorfes einst ein Räuber mit einem schwarzen Bart (poln. czarny was), der nach seiner Bekehrung zum Christentum eine Kirche als Buße für seine Taten stiftete. Nachdem die alte Kirche verfallen war, erhielt Propst Balthasar Gerbert von Hornau im Jahre 1684 die Erlaubnis des Bischofs von Breslau zum Bau einer neuen Kirche. So entstand zwischen 1684 und 1688 die neue St.-Anna-Kirche.


Leider brannte diese Kirche im Jahre 2005 durch Brandstiftung ab, sie wurde aber umgehend rekonstruiert. Um die Kirche herum befindet sich der Friedhof von Czarnowanz. Neben der St. Anna-Kirche steht eine barocke Statue des Heiligen Johannes von Nepomuk aus dem Jahr 1772.



Anreise


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