Ratibor

Ratibor (Racibórz)

Geschichte

Eine Burg auf der Insel Ostrog – gegenüber der späteren Stadt Ratibor – wurde erstmals im Jahre 1108 von dem Benediktinermönch Gallus Anonymus erwähnt, seit 1155 ist sie als Kastellaneiburg urkundlich nachgewiesen. Bei der ersten Teilung des Herzogtums Schlesien im Jahre 1163 wurde sie zum Sitz der Herzöge von Ratibor. Bereits Anfang des 13. Jahrhunderts entstand ihr gegenüber auf der linken Oderseite eine Siedlung, die mit Markt- und Schankrecht ausgestattet war. 1217 werden hier „hospites“ (Gäste), also vermutlich deutsche oder flämische Siedler, ausdrücklich genannt. Schon bald entstand auch die deutschrechtliche Stadt Ratibor, für die bereits 1235 ein Vogt namens Colin und flämisches Recht angegeben werden. Der Sage nach war die Burg Ratibor 1241 so wehrhaft, dass sie nicht von den Mongolen erobert werden konnte, die hier die Oder überquerten.

 Schloss Ratibor in der frühen Neuzeit (Kupferstich)

Die Stadt Ratibor erhielt – vermutlich nach dem Mongoleneinfall – einen rechteckigen Ring und das übliche Schachbrettmuster, wenn auch in etwas untypischer Form, denn sowohl der südliche Neumarkt als auch die linksodrige Ufersiedlung um das Dominikanerkloster wurden in die Stadtumbauung miteinbezogen. 1299 erhielt die Stadt Magdeburger Recht. Das Rathaus stand im Mittelalter auf dem Ring, wurde nach einem Brand 1546 aber an die Ostseite desselben verlegt. In der Stadt Ratibor waren die Tuchmachereinen, Gerbereien und das Brauwesen über Jahrhunderte besonders entwickelt.

Der Ring von Ratibor um 1900 (Postkarte)

Das Herzogtum Ratibor blieb bis 1336 im Besitz der Herzöge aus einer Linie der Piasten, ging dann durch Erbschaft an die Troppauer Přemysliden über und wurde 1521 unter Herzog Johann dem Guten mit dem Herzogtum Oppeln vereinigt. Beide Herzogtümer gingen dann 1532 als erledigte Lehen an die böhmische Krone, welche sie an verschiedene Pfandherren vergab. Im Dreißigjährigen Krieg sowie durch mehrere Brände erlitt Ratibor im 17. Jahrhundert wirtschaftlichen Schaden. Deshalb hatte die Stadt 1749 nur noch 1.564 Einwohner. Einen erneuten Aufschwung erfuhr die Stadt nach der Eröffnung der Eisenbahnlinie Berlin – Wien im Jahre 1846, welche die Errichtung wichtiger Industriebetriebe zur Folge hatte. Durch Eingemeindungen konnte Ratibor sein Stadtgebiet im 19. Jahrhundert mehrfach erweitern. Im Jahre 1903 wurde sie zur Kreisfreien Stadt.

Die aus den piastischen Kammergütern hervorgegangene Herrschaft Ratibor wurde 1812 zusammen mit einer gewissen Anzahl säkularisierter Kirchengüter vom Kurprinzen von Hessen-Kassel erworben. Zwölf Jahre später gingen die Besitzungen über an den Landgrafen Viktor Amadeus von Hessen-Rothenburg, Fürst zu Corvey, als Ersatz für linksrheinische Gebiete, die Preußen abtreten musste. 1821 wurde die Herrschaft Ratibor zum Mediatherzogtum erhoben, 1834 gelangte sie in den Besitz der Familie von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingfürst, die ihre Hofhaltung im benachbarten Rauden einrichtete. Das Schloss in Ratibor wurde deshalb nur schlecht gepflegt, 1859 wurde in einem Flügel eine Brauerei gegründet.
Bei der Volksabstimmung im Jahre 1922 stimmten knapp 88% der Einwohner für Deutschland. Durch die Grenzziehung von 1922 verlor die Stadt jedoch einen großen Teil ihres wirtschaftlichen Hinterlandes im Osten. Beim Angriff der Roten Armee im Frühjahr 1945 wurden das Schloss sowie die Stadt Ratibor zum großen Teil zerstört. Die deutsche Bevölkerung wurde anschließend vertrieben. Stattdessen wurden Menschen aus Zentral- und Ostpolen hier angesiedelt. Das Schloss wurde seit 1949 teilweise wiederaufgebaut. In der Altstadt wurde die teilweise gut erhaltene Bausubstanz hingegen abgetragen und durch Neubauten – teilweise in an Renaissance oder Barock anknüpfende Formen – ersetzt. Lediglich die Kirchen wurden wiederhergestellt. Im Jahre 1997 litt Ratibor ganz besonders unter dem „Jahrhunderthochwasser“.

Sehenswürdigkeiten

Schloss mit Kapelle des Hl. Thomas von Canterburry

Heute am rechten Oderufer – ehemals auf der Insel Ostrog – liegt die ehemalige herzogliche Burg von Ratibor. Die aus dem 13. Jahrhundert stammende Anlage ist unregelmäßig und hat drei Flügel mit nach Süden offenem Hof. Sie entstand an der Stelle einer frühmittelalterlichen Befestigungsanlage. Das gemauerte Torgebäude entstand um 1250, die Kapelle im späten 13. Jahrhundert. Im frühen 17. Jahrhundert wurde das Schloss durch einen Brand schwer beschädigt und wiederaufgebaut. Anfang des 19. Jahrhunderts entstand im westlichen Teil des ungenutzten Schlosses eine Brauerei. 1945 brannten das Schlosstor und der südliche Teil des Ostflügels nieder, wurden bis 1949 aber wiedererrichtet. Seit einigen Jahren ist das Schloss komplett renoviert und kann besichtigt werden.

Das Schlosstor.

Die Kapelle des hl. Thomas von Canterburry war ursprünglich ein freistehender, unverputzter Saalbau aus Backstein mit Werksteinteilen. Sie wurde ca. 1280 bis 1300 errichtet. Im Jahre 1292 wurde hier durch den Breslauer Bischof Thomas II. ein Kollegiatstift eingerichtet. Ende des 15. Jahrhunderts stürzte die Kapelle ein, wurde aber wiederaufgebaut. Auch im 19. Jahrhundert erfolgten Restaurierungsarbeiten und eine Regotisierung. Ursprünglich hatte die Kapelle zwei Geschosse und ist mit einem Kreuzrippengewölbe geziert.

Schlussstein im Kapellengewölbe.

Kapelle vom Schlosshof aus.

Das Kapelleninnere...



... mit Gewölbe und Schlußstein.

Modernes Verbindungselement zwischen Kapelle und Schloss.


Ehem. Dominikanerkirche Sankt Jacobus

Der frühgotische Bau mit einem barocken Dachreiter geht auf eine Stiftung Herzog Mieszkos II. aus dem Jahre 1246 zurück, das Dominikanerkloster wurde hier aber erst 1258 geweiht. Bemerkenswert is v.a. die barocke Innenausstattung. Das hinter der Kirche errichtete Kloster wurde 1822 abgebrochen. 1874 erfolgte ein Umbau der Kirchenfassade im Geist der Neoromanik sowie eine Regotisierung der Seitenwände. Die 1945 teilweise zerstörte Kirche wurde nach Kriegsende wiederaufgebaut.


Das Kircheninnere.

Hauptfassade mit Eingang.


Ring mit Mariensäule

Der Ring und die Altstadt von Ratibor sind heute v.a. durch moderne Bauten, welche an die Stile von Renaissance oder Barock anknüpfen, gekennzeichnet.

Auf dem Ring hat sich jedoch die barocke Säule mit der Himmelfahrt Mariens aus dem Jahre 1727 erhalten. Sie wurde von Gräfin Elisabeth von Gaschin wohl zur Erinnerung an die Pest von 1715 gestiftet. Die Gestaltung wurde durch Johan Melchior Österreich vorgenommen.

Mariensäule von 1721.

Historisierende Gebäude am Ring...

... und in den Seitenstraßen.

Pfarrkiche St. Mariae Himmelfahrt

Die sog. „Liebfrauenkirche“ in der Südostecke des Ringes erhebt sich mit ihrem 68 m hohen Turm aus dem Jahre 1574 über die Stadt. Der älteste Teil der Kirche, der Hohe Chor, stammt wohl noch aus dem Beginn des 14. Jahrhunderts. Er enthält einen glanzvollen barocken Hochaltar von 1656/60 und ein kunstvolles Chorgestühl von 1653 für das 1416 aus der Burgkapelle hierher verlegte Kollegiatstift. Der Mittelteil der Kirche wurde wohl nach einem Brand in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts errichtet. Die Kirche wurde 1945 stark zerstört, danach aber wiederaufgebaut. Auch der Hauptaltar musste rekonstruiert werden.

 Hauptaltar.

Blick vom Ring auf die Pfarrkirche

Um den Neumarkt

Auf dem zweiten alten Marktplatz der Stadt ist heute ein großer Parkplatz. An seinem nördlichen Rand steht bis heute eine spätbarocke Nepomuk-Figur aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ursprünglich stand diese auf dem Gelände des Dominikanerklosters, von woher sie im Jahre 1818 transloziert wurde. Südlich des Parkplatzes erreicht man die Reste der mittelalterlichen Stadtmauer mit dem viereckigen Stockhausturm aus Bruchsteinen (16. Jh.).

Johannes Nepomuk Säule.


Ehem. Stockhausturm.


Eichendorff-Denkmal

Aufgrund der besonderen Verbundenheit des Freiherrn Joseph von Eichendorff zur Stadt Ratibor wurde ihm hier 1909 ein Denkmal gesetzt. Nach dem Einmarsch der Roten Armee im Frühjahr 1945 wurde das Bronzedenkmal abgetragen und verschwand. Auf Initiative des Deutschen Freundschaftskreises in der Wojewodschaft Schlesien wurde am 4. September 1994 eine Kopie des Denkmals errichtet.

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Wallfahrtskirche „Matka Boża“

Die im 15. Jahrhundert gegründete und im Jahr 1726 mit zwei Zwiebeltürmen errichtete Wallfahrtskirche enthält ein sehr altes Bild der Muttergottes („Matka Boża“). Dieses stellt eine Kopie der Schwarzen Muttergottes von Tschenstochau dar und soll der Sage nach aus dem 15. Jahrhundert stammen.



Museen

Museum von Ratibor (Muzeum w Raciborzu)

"Anbetung der hl. Euphemia".

Das ehemalige Dominikanerinnenkloster der Stadt Ratibor ist seit 1927 städtisches Museum. Das Kloster wurde bereits 1299 durch Herzog Primislaus von Ratibor gestiftet, der Konvent übernahm das Kloster aber erst im Jahr 1317. Die gotische Backstein-Saalkirche „Zum Heiligen Geist“ wurde seit dem Mittelalter stark verändert. Nachdem das Kloster 1810 im Rahmen der Säkularisation aufgehoben wurde, wurde die Kirche von 1813 bis 1916 von der evangelischen Gemeinde genutzt. Nach der Einrichtung des Museums wurde die Kirche 1936 in zwei Geschosse unterteilt. Auch der Rest des Gebäudes wurde für die Nutzung als Museum umgestaltet. In der Kirche haben sich Fragmente von Wandmalereien aus der Spätrenaissance (1. Hälfte 17. Jh.) erhalten: Ausgießung des hl. Geistes (Ostwand) und Anbetung der hl. Euphemia (Westwand). Ansonsten enthält das Museum v.a. lokale klerikale Kunst. In einem Nebengebäude befindet sich zudem eine volkskundliche Ausstellung.


Öffnungszeiten
Montag: geschlossen
Von Dienstag bis Freitag: 8:30 bis 16:00 Uhr
Samstag: 7:30 bis 15:30 Uhr
Sonntag: 10:00 - 14:00 Uhr

Weitere Informationen zum Museum von Ratibor finden Sie (nur in polnischer Sprache) hier:

Muzeum w Raciborzu

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Klosterkirche und Klostergebäude.

Wandmalereien in der ehem. Klosterkirche.

Ausstellungsraum im Museum

Anreise


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