Freiwaldau & Gräfenberg
Die Stadt Freiwaldau entstand in der Mitte des 13. Jahrhunderts auf dem Gebiet des südlichen Neisser Bistumslandes, das sich im Besitz der Bischöfe von Breslau befand. Im Jahre 1267 wurde sie erstmalig urkundlich erwähnt. Damals besaß Freiwaldau Stadtrecht, seit 1290 nachweislich das Weichbildrecht über 10 Dörfer. Zu dieser Zeit war die Stadt nicht befestigt, hatte aber eine Wasserburg, in der der Stadtvogt residierte. Die Gegend war schon im Spätmittelalter durch Bergbau, Eisenhütten und Hammerwerke gekennzeichnet. Auch Gold und Silber wurde abgebaut. Von 1501 bis 1547 befand sich die Stadt daher im Lehensbesitz der Augsburger Fugger. Im Jahre 1506 wurde die Stadt durch Bischof Johannes V. Thurzo zur Bergstadt erhoben. Als der Bergbau in der Mitte des 16. Jahrhunderts seine Blühte überschritten hatte, wurde Freiwaldau wieder in das Neisser Bistumsland eingegliedert. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Leinenweberei Existenzgrundlage der Bewohner.
Im 17. Jahrhundert wurde Freiwaldau ein regionales Zentrum der Hexenverfolgung. Allein bei einer Verfolgungswelle im Jahre 1651/52 wurde hier über 100 Menschen verbrannt. Bei der Teilung Schlesiens im Jahre 1742 verblieb Freiwaldau bei Österreichisch-Schlesien. Durch die neue Grenzziehung verloren die Weber aber viele ihrer schlesischen Märkte. 1822 gründete Adolf Raymann eine Leinwandmanufaktur, die sich später zum größten Unternehmen der Stadt entwickelte und weltweit exportierte. Zu dieser Zeit begann auch Vincenz Prießnitz mit seinen Kaltwasserkuren. Im Jahre 1826 gründete er im benachbarten Gräfenberg eine Wasserheilanstalt mit einem steinernen Kurhaus und einigen weiteren hölzernen Gebäuden. Das Ensemble wurde schon 1831 zum staatlich anerkannten Kurbad. Damit entwickelte sich Freiwaldau zu einem Zentrum des (Kur-)Tourismus.
Freiwaldau um 1910 (Postkarte)
Nach dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde Freiwaldau mit dem Rest des südlichen Neisser Bistumslandes Teil der neu gegründeten Tschechoslowakei. In dieser Zeit erfolgte auch ein verstärkter Zuzug tschechischsprachiger Bevölkerung in das zuvor rein deutschsprachige Gebiet. Nach dem Münchener Abkommen wurde die Stadt als Teil des Sudetenlandes in das Deutsche Reich eingegliedert. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam Freiwaldau an die Tschechoslowakei zurück, die deutschsprachige Bevölkerung wurde vertrieben und die Stadt zunächst in Frývaldov, dann 1947 in Jeseník umbenannt. Es siedelten sich Tschechen und Slowaken aus dem Landesinneren sowie Roma an. Während der kommunistischen Zeit wurde das Stadtbild durch den Ersatz historischer Bausubstanz durch Neubauten erheblich beeinträchtigt. Im Jahre 1958 wurde der Kurort Gräfenberg / Lázně Jeseník in die Stadt eingegliedert.
Rathaus
Mitten auf dem Ring steht das im Jahre 1610 im Renaissancestil errichtete Rathaus. Das einstöckige Gebäude wurde im Jahre 1696 umgebaut. Seine derzeitige Gestalt erhielt es im Jahre 1710, wie aus der Jahreszahl auf dem Stadtwappen über dem Haupteingang hervorgeht.
Dreifaltigkeitssäule
Diese Pestsäule stammt aus dem Jahre 1721. Sie erinnert an eine Pestepidemie, die 1713 in der Stadt wütete.
Propsteikirche Mariae Himmelfahrt
Die Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt wurde im Jahr 1418 im spätgotischen Stil vollendet. Im Jahre 1882 erfolgte ein Umbau im Stil der Neurenaissance. Dabei blieben vom ursprünglichen Bau nur ein Teil des spätmittelalterlichen Turms und die Westseite der barocken Kirchenschiffmauer erhalten.
1936 wurde sie vom Breslauer Bischof, Kardinal Bertram, zur Propsteikirche erhoben. Daran erinnert bis heute eine Tafel im Eingangsbereich.
Gesamtansicht von der Wasserburg aus...
... das Portal, ...
... und die Tafel zur Erinnerung an die Erhebung zur Propsteikirche.
Von der Innenausstattung der Kirche ist der Hauptaltar mit dem Altarbild der Jungfrau Mariä Himmelfahrt und den Statuen des hl. Peter und Paul sehenswert. Sie stammen aus der Werkstatt des Bildhauers Bernhard Kutzer.
Wasserburg mit Regionalmuseum
Die Wasserburg in Freiwaldau wurde Ende des 13. Jahrhunderts errichtet und stellt ein Musterbeispiel für eine mittelalterliche Befestigungsanlage in Oberschlesien dar. Sie gehörte bis 1945 den Breslauer Bischöfen, wurde aber ursprünglich von den Stadtvögten genutzt. An der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert wurde sie zur Festung mit Wassergraben ausgebaut. Die Burg wurde in den Jahren 1574 bis 1583 im Renaissancestil sowie nach einem Stadtbrand zwischen 1738 und 1745 umgebaut. Heute stellt sie sich daher als U-förmiger, dreiflügeliger, zweigeschossiger Bau dar. Das Torhaus stellt den Rest des ursprünglichen Turmes dar.
Von 1794 bis 1798 lebte hier der Komponist Carl Ditters von Dittersdorf als Verwalter und Forstmeister. Parallel war er Kapellmeister im benachbarten Jauernig. Seit 1901 ist die Burg Stadtmuseum. Als solches enthält sie eine kleine Sammlung zur Stadtgeschichte sowie zu den für die Stadtgeschichte wichtigen Personen Vinzenz Priesnitz und Carl Ditters von Dittersdorf. Im Jahre 1945 kam die Burg durch Enteignung in den Besitz des tschechoslowakischen Staates.
Öffnungszeiten
Dienstag - Sonntag 09:00 - 17:00
Weitere Informationen über das Museum finden Sie (allerdings nur in tschechischer Sprache) hier:
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Innenhof der Wasserburg.
Tor mit Gedenktafel für Carl Ditters von Dittersdorf (l.).
Die historische Ausstellung...
...und ein Detail derselben.
Der autodidaktische Naturheiler Vincenz Prießnitz wurde im Jahre 1799 als Kind eines Landwirts in der Stadt Freiwaldau geboren. Da sein Vater erblindete, musste er die Schule früh verlassen und auf dem elterlichen Hof arbeiten. Als er sich mit 17 Jahren zwei Rippen brach, fixierte er diesen Bruch mit einem in kaltes Wasser getauchten Umschlag. Das war die Geburtsstunde des „Prießnitz-Wickels“. Da die Rippen schnell heilten, kam Prießnitz in der Umgebung bald in den Ruf eines „Wasserdoktors“.
Im Jahre 1826 kamen die ersten Kranken von außerhalb, um sich von ihm in einem Badehaus behandeln zu lassen. Prießnitz wurde aber 1829 von mehreren Ärzten als Kurpfuscher angeklagt. Der Prozess endete jedoch mit einem Freispruch. Im Jahre 1828 heiratete Prießnitz die Tochter des Gemeindevorstehers von Böhmischdorf, Sophie, mit der er sechs Kinder hatte.
1830 bekam Prießnitz die Genehmigung der österreichischen Regierung zur Errichtung und Führung einer Kaltwasser-Heilanstalt. Ein Badehaus und ein Brunnen wurden errichtet, im Jahre 1832 schon ein zweites Anstaltsgebäude mit 18 Zimmern und einem Saal. Bis zu seinem Tod im Jahre 1851 behandelte Prießnitz hier etwa 36.000 Patienten. Danach wurde sein Werk von dem Arzt Joseph Schindler (1814 – 1890) sowie seinem Schwiegersohn Johann Ripper (1830 – 1912) weitergeführt. Prießnitz entwickelte zwar keine neuen medizinischen Theorien, machte aber mit seinen Wasserkuren die Hydrotherapie populär. Da er Analphabet war, veröffentlichte er nichts, diktierte aber im Jahre 1847 seiner Tochter Hedwig das „Vinzenz Prießnitz’sche Familien Wasserbuch“, das bis heute an der Universität Wien aufbewahrt wird.
Großes Kurhaus
Bereits im 19. Jahrhundert waren in Gräfenberg zahlreiche Gebäude errichtet, die einen Komplex von Kuranstalten bildeten. Dieser Komplex wurde im Jahre 1910 durch ein Großes Kurhaus nach Plänen des Architekten Leopold Bauer im repräsentativen Stil erweitert.
Prießnitz-Denkmal
Der Gründer des Kurortes, Vinzenz Priesnitz, wurde mit einem Jubiläumsdenkmal und einem Mausoleum in der neugotischen Marienkapelle auf der Koppe geehrt. Das Denkmal aus Marmor wurde im Jahre 1909 im Smetana-Park von Freiwaldau errichtet. Es ist ein Projekt des jungen Bildhauers Josef Obeth (1874–1961).
Vincenz Prießnitz Museum
Das Museum wurde im Jahre 1999 anlässlich des 200. Geburtstages von Vincenz Prießnitz in dem Gebäude eingerichtet, das Prießnitz im Jahre 1822 als Wohnhaus und für therapeutische Zwecke errichten lies. Das Museum beinhaltet zahlreiche Bilder, Dokumente und andere Ausstellungsstücke zur Geschichte des Heilbades und seines Gründers Vincenz Prießnitz.
Weitere Informationen (allerdings nur in tschechischer Sprache) finden Sie hier:
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Ausstellungsraum, ...
Prießnitz-Büste über dem Eingang ...
... und Gedenkstein neben dem Haus.